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Die 8 wirksamsten funda-mentalen Strategien um deine Willenskraft zu stärken

Dieser Leitartikel beschreibt dir die wesentlichsten Facetten zur Entwicklung deiner Willenskraft. Denn die Willenskraft ist nicht nur in alltäglichen Situationen entscheidend, sondern auch einer der wichtigsten mentalen Faktoren um im Leben erfolgreich zu sein. Darunter fallen neben beruflichen Aspekten, auch die akademische Laufbahn, dein persönlichen Gesundheitsverhalten sowie der Qualität deines privaten und sozialen Netzwerks [5]. Doch Willenskraft ist viel mehr als nur ein Vorhersagewert für die Zukunft. Willenskraft benötigt jeder Mensch täglich, doch wie bereits im Artikel Gibt es einen freien Willen erörtert, ist die Willenskraft eine Ressource, welche sehr rasch leer wird – mit all seinen Konsequenzen.

 

In diesem Leitartikel möchte ich jedoch nicht auf die Ursachen des Willensenergie-Verlustes eingehen, sondern auf die Wege und Möglichkeiten die Willens-Batterie kurzfristig aufzuladen und auch langfristig zu stärken. Dabei möchte ich erwähnen, dass es hierfür nicht irgendwelche Übungen oder TRICKS gibt um deine Willenskraft langfristig zu stärken. Klar, können spezielle Übungen dabei helfen, die Willensenergiebatterien aufzuladen, doch die Thematik ist ganzheitlich betrachtet zu komplex um es in einem Satz abzukürzen. Folgend findest du mehrere wirksame Strategien um deinen Willen zu stärken:

 

1)   Ernährung

Kaum zu glauben, doch eine der wirksamsten Strategien um die Selbstdisziplin zu stärken ist ein ausgeglichener Zuckerhaushalt. Präziser formuliert handelt es sich hierbei weniger um eine langfristige Stärkung, sondern vielmehr um eine Voraussetzung zur Aktivierung und Aufrechterhaltung der Selbstdisziplin. Zahlreiche Studien belegen, dass ein konstantes Glucose-Level im Gehirn beim Widerstehen von Versuchungen einflussreicher ist, als diverse Ablenkungs- oder Verhaltensstrategien. Optimieren kannst du deinen Glucose-Haushalt mit der passenden Ernährung und einem gut trainierten Stoffwechsel. Sport hilft dabei immens. Ich sag nur: Sei mental fit!

 

2)   Höheres Denken

Wirkt sich die Art des Denkens auf die Willensausdauer aus? Ja, zeigt eine Studie von Kentaro Fujita von der New York University! So spielt es eine wesentliche Rolle ob du vor einer Handlung über das WIE oder das WARUM nachdenkst. Während das WIE den gegenwärtigen Handlungsspielraum repräsentiert bietet das WARUM einen größeren zeitlichen Spielraum für die Zukunft. Beim WARUM-Denken bewegst du dich auch geistig auf einer abstrakteren und höheren Ebene. Dies ist auch ein Grund weshalb religiöse Menschen (z.B. Mönche) in der Regel eine höhere Selbstdisziplin aufweisen. Doch diese Denkweise ist nicht zwingend an eine Religion gebunden. Auch höhere Werte und besonderer Sinn im Leben (z.B. Kampf gegen TTIP/CETA, Kampf gegen die Ressourcenausbeutung der Erde, Kampf gegen den Menschenhandel oder die Wasserversorgung afrikanischer Dörfer durch ein Brunnenbauprojekt, usw.) führen dazu, dass du auch in herausfordernden oder gar scheinbar aussichtslosen Situation trotz enormer Widerstände trotzdem weitermachst. Wer eine Mission hat, die über einem selbst steht, tut sich auch leichter Hürden und Rückschläge zu überwinden.

 

3)   Wie lautet deine Mission?

Fliegender ElefantJa klar, wir reden häufig über Ziele und Sinn im Leben. Doch die Zielsetzung ändert sich manchmal nicht nur von “Jahr zu Jahr”, sondern häufig auch von “Tag zu Tag”. Vor allem wenn du Zielkonflikte hast oder dich nicht zwischen Zielen entscheiden kannst, dann raubt dir dies jede Menge an deiner mentalen Willensenergie. Ziele sind wichtig wenn du deinem Leben eine proaktive Veränderung erlauben willst. Doch ein Ziel selbst ist nicht dasselbe wie deine Mission. Ein Ziel hat einen Nutzen, eine Mission erfüllt deinen Sinn!

Umso wichtiger ist es für dich, dass du dir über deine “Mission” bewusst bist. Deine Mission steht über deinen weltlichen Zielen und sogar über dir selbst. Wenn du dir deiner Mission bewusst bist, dann können dich auch Rückschläge nicht dauerhaft aus der Bahn werfen. Deine Mission kommt von innen und ist tief in dir verwurzelt. Sie ist dein Zugpferd und wenn deine Mission wahr und authentisch ist, so überlebt sie auch verhasste Jobs, Krankheiten, verschmähte Liebe oder gescheiterte Beziehungen.

 

4)   Gewohnheiten

Wie bereits beschrieben ist die Willenskraft eine begrenzte Ressource, welche sich recht rasch entlädt. Umso wichtiger ist es, auf jene Gewohnheiten zu achten, welche die Willensenergie schwächen und langfristig die Willenskapazitäten stärken.

So können zum Beispiel der Konsum von Alkohol, Drogen, psychische Belastungen (auch am Arbeitsplatz), destruktive Denkmuster oder impulsiver Konsum digitaler Medien (Smartphone, TV, Serienstreaming, Internetsurfen, etc.) deine Willenskraft sehr rasch schwächen.

Umso wichtiger ist auf deine Gewohnheiten zu achten. Alle negativen Gewohnheiten zeitgleich zu ändern ist eher unrealistisch, denn das Angewöhnen einer neuen Gewohnheit benötigen wiederum Willensenergie. Und wer zuviel auf einmal will, der wird sich verzetteln und relativ wenig erreichen. Deshalb ist es zwar gut, seine Ziele im Hinterkopf zu behalten, jedoch stets nur EINE neue konstruktive Gewohnheit anzuvisieren. Zu solchen neuen positiven Gewohnheiten zählen beispielsweise eine gesunde Ernährung, kein oder weniger Alkohol, gesünderes Sportverhalten, wichtige und komplexe Aufgaben durchführen bevor die Willenskraft erschöpft ist usw. Das Ändern von Gewohnheiten ist häufig leichter gesagt als getan, denn sie benötigt Willenskraft und eine clevere Strategie um Willensenergiefallen so aus dem Weg zu gehen (damit meine ich nicht widerstehen), dass für die neue Gewohnheit auch noch genug Energie zur Verfügung steht.

Dies kann auch ganz schwierig werden, vor allem dann, wenn du dich gerade in einer psychisch belasteten Lebensphase (beruflich, privat oder bildungstechnisch) befindest. An dieser Stelle kann die Unterstützung eines Experten (Coach oder Mentaltrainer) mit welchem du gemeinsam optimale Strategien entwickelst reale Fortschritte bewirken.

 

5)   Die Unterstützung deiner Mitmenschen

Du musst nicht alles alleine schaffen.

Wer sagt, dass Menschen die viel saufen keine Selbstdisziplin hätten? Vieltrinker können ein erstaunliches Maß an Selbstdisziplin aufbringen, wenn es darum geht, entgegen ihrer in inneren Impulse den brennenden Schnaps oder ekelige Brühen runterzuwürgen. Überlege kurz: Wie hat dir dein erster Alkohol “geschmeckt”? Sogar bereits eingetretene Übelkeit oder Benommenheit halten den Kampftrinker nicht davon ab, über seine eigenen Vernunfts- und Geschmacksgrenzen hinaus zu trinken. Hinter diesem selbstzerstörerischen Verhalten steckt die Erwartung nach sozialer Anerkennung deiner sozialen Gruppe. Wenn sich die primäre kulturelle Errungenschaft dieses “Freundeskreises” in einer “Saufzugehörigkeit” wiederspiegelt, dann wirst du deine Energie dafür aufwenden um von der Gruppe akzeptiert zu werden.

Doch dieses Verhalten kann sich schlagartig ändern und hängt von den Gewohnheiten deines Freundeskreises ab. Wenn du dich mehr mit sportlich aktiven Menschen umgibst, dann wirst du dein Trainingspensum wohl auch erhöhen, wenn die Anerkennung deiner neuen Freunde dadurch steigt. Du willst mehr Sport machen? Dann umgib dich mit sportlich aktiven FreundInnen.

Dies zeigt sich auch bei auch bei Rauchern. Erstaunlicherweise werden Raucher die viel Zeit mit Nichtrauchern verbringen ebenfalls sehr wahrscheinlich zu Nichtrauchen.

Als wirksam erweist sich auch das offiziell machen deiner Ziele und Absichten. Wenn du z.B. dein Ziel einen Marathon zu laufen deine(r/m) PartnerIn, deinen FreundInnen oder ArbeitskollegInnen verkündest, steigerst du damit auch dein “Commitment” zu deinem Ziel und du wirst deine Willensenergie auch auf dieses Ziel lenken. Denn deine Mitmenschen wissen nun auch um deine Absichten Bescheid, fiebern mit, unterstützen dich und belohnen dich mit Anerkennung wenn du dein Ziel tatsächlich erreichst (und nicht nur groß daherredest).

 

6)   Struktur

Lange habe ich selbst geglaubt, dass der Wille nur von einem selbst abhängt. Klar, du hast eine genetische Ausstattung, welche deine Neuroanatomie mitgestaltet hat. Doch sieht man sich Experimente zur Willensforschung und deren Schlussfolgerungen genauer an so zeigt sich, dass deine Umgebung oder das Unternehmen in welchen du arbeitetest auch deine Gedanken, Gefühle und dein Verhalten mitprägen. So kann es z.B. passieren wenn du täglich unliebsame Routinetätigkeiten durchführen musst, dass dein Willensmuskel verkümmert. Zeitgleich langweilst du dich und dein Chef möchte, dass du mehr von demselben in kürzerer Zeit schaffst; vielleicht gerätst du deshalb sogar in einen Konflikt mit KollegInnen und Vorgesetzten. Die Abwärtsspirale beginnt sich zu drehen und du beginnst nach anfänglicher Euphorie am Unternehmen oder System zu zweifeln. Ein Entscheidungsprozess über deine Zukunft ist eine mögliche Folge, und gefährdet deine Energieressourcen (da Entscheidungsprozesse ebenfalls Willensenergie benötigen) wesentlich. Irgendwann kommt dann der Punkt an welchem dir an allen Ecken und Enden die Energie fehlt und du einfache neue Gewohnheiten nicht mehr dauerhaft umsetzen kannst. Nicht nur deine Zufriedenheit wird sinken, sondern auch deine Kreativität, dein Commitment oder auch deine Leistungsfähigkeit.

Bedeutung für die Praxis: Deine Umgebung bzw. das Unternehmen in welchem du arbeitest, hat auch eine mehr oder weniger gute/schlechte Kommunikations-, Fehler-, Werte-, Leistungs-, Mittbestimmungs- oder Belohnungskultur. Und diese Umgebung kann deiner Willenskraft entweder schaden oder diese sogar nachhaltig stärken. Ein guter Grund, weshalb Unternehmen und Führungskräfte auf eine gesunde und konstruktive Organisationskultur zum Wohle aller achten sollten. Oder du suchst dir einfach eine Umgebung und ein soziales Umfeld die bereits deinen Vorstellungen entspricht.

 

7)   Schlaf

Das ist nichts neues: Schlaf ist erholsam und auch essentiell für die Erholung – bei Schlafentzug hilft auch keine Tasse Kaffee am Morgen. Dasselbe gilt für die Willenskraft. Wie bereits erwähnt verhält sich die Willensenergie wie ein “Smartphoneakku” – sie wird schnell leer. Um diesen kleinen Akku wieder aufzuladen ist Erholung, im Idealfall in Form von Schlaf, sehr wirksam.

Eine aktuelle Studie aus dem Jahr 2016 von der Forschungsgruppe um Kühnel, Bledow und Feuerhahn [2] hat auch den Einfluss der Schlafdauer und Schlafqualität auf Arbeitsverhalten in Form von Prokrastination untersucht. Dabei zeigte sich, dass ein natürlicher Schlafrhythmus und die Schlafqualität entscheidender für die Arbeitsleistung (in Form von weniger Aufschieberitis) am nächsten Arbeitstag sind, als die Schlafdauer. Die Forscher erklären sich den Unterschied in der Arbeitsdisziplin mit der Rolle des Schlafes auf die Wiederauffüllung der Willenskraftressourcen. Für die Praxis heißt dies: Schlafrhythmus vor Schlafdauer.

 

8)   Meditation

Junger Buddhist der unter dem Baum meditiertUngeachtet religiöser oder ideologischer Add-On´s ist die Meditation eine großartige Methode um deine Willenskraft bzw. Selbstdisziplin zu stärken. Die Wissenschaft hat in den vergangenen Jahren vieles über die neuronalen und sozialpsychologischen Mechanismen zur Meditation herausgefunden. So zeigt sich bei Meditierenden unter Anderem eine erhöhte Aktivität in jenen Gehirnregionen, in welchem die Zentren der Selbstregulation als auch der Aufmerksamkeitssteuerung sitzen. Meditation stärkt also auch den “Willensmuskel”. Dazu möchte ich erwähnen, dass Meditation noch eine enorme Bandbreite an weiteren positiven Auswirkungen auf die Gesundheit und deine Lebensqualität hat. Die Vorteile und die Macht regelmäßiger Meditation auf dein Bewusstsein sind sehr vielfältig und im Mainstream nach wie vor unterschätzt oder gar zu Unrecht heruntergespielt. Leider!

Die Arten und Techniken der Meditation (z.B. self-compassion) sind auch sehr vielfältig. Grundlegende Techniken kannst du auch hier erlernen und trainieren.

 

Autor: Mario Schuster

 

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Verwendete Literatur

  1. Baumeister, R. & Tierney, J. (2014). Die Macht der Disziplin. Wie wir unseren Willen trainieren können. München: Goldmann
  2. Kühnel, J., Bledow, R., & Feuerhahn, N. (2016). When do you procrastinate? Sleep quality and social sleep lag jointly predict self-regulatory failure at work. Journal of Organizational Behavior, 37(7), 983-1002. doi:10.1002/job.2084
  3. Mischel, W., Shoda, Y. & Peake, P.K. (1988). The nature of adolescent competencies predicted by preschool delay of gratification. Journal of Personality and Social Psychology, 54, 687-696.
  4. Mischel, W., Shoda, Y. & Rodriguez, M. (1989): Delay of gratification in children. In: Science. 244 (4907), S. 933-938.
  5. Moffitt, T., Arseneault, L., Belsky, D., Dickson, N., Hancox, R., & Harrington, H. et al. (2011). A gradient of childhood self-control predicts health, wealth, and public safety. Proceedings Of The National Academy Of Sciences, 108(7), 2693-2698. doi: 10.1073/pnas.1010076108

Mario Schuster

Mario Schuster ist Arbeits- und Sportpsychologe sowie zertifizierter Mentaltrainer im Leistungssport. Zudem ist er ein praxiserfahrener Sportwissenschafter und hat am 1.Jänner 2017 das Unternehmen Mental Synergy gegründet. Mit diesem hat er sich zum Ziel gesetzt, das Training mentaler Kompetenzen in Sport und Wirtschaft zu etablieren.

2 thoughts on “Die 8 wirksamsten funda-mentalen Strategien um deine Willenskraft zu stärken

  • Toller Artikel Mario! Vielen Dank. Wirklich anschaulich und übersichtlich beschrieben

    Antwort
    • Lieber Daniel,

      vielen Dank für dein Feedback.

      Welcher Teil hat dich inhaltlich am ehesten angesprochen und was nimmst du dir auf Grundlage dieses Artikels für dich mit?

      liebe Grüße,

      Mario

      Antwort

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